Wie sagte Goethe (Ja, ich bin bei Faust angekommen): Dem Held tönt sein Name voraus.
Gute Namen zu finden ist fast schon schwieriger als eine spannende Handlung. Der Name ist das, was der Leser meist als Erstes erfährt, und er verrät unheimlich viel über den Charakter. Natürlich formt sich mit dem Verlauf der Geschichte ein immer genaueres Bild, aber es wird wohl wenig Fantasy-Bücher geben, deren Held Michael Müller heißt. Wenn doch, dann habe ich diese noch nicht gefunden. 😉
Es existiert jedoch eine so gewaltige, nicht überschaubare Masse an Literatur, Comics, Filmen, …, sodass es jeden Namen irgendwie schon gegeben hat. Nicht zu vergessen, dass man als Autor – vielleicht kennt ihr dieses Gefühl – irgendwie weiß, was passt. Das ist dieses Erlebnis, wenn der Schlüssel das Schloss öffnet, und man denkt: „Genau das. Das klingt gut.“ Zumindest war es nach einer langen Reihe von Versuchen bei Charlie Andrews der Fall. Noch stärker ist dieses Gefühl, wenn man eigene Namen kreiert. Bis ich einst auf „Arith“ kam, hatte ich schön längst DIN A4 Seiten voll mit abgelehnten Versionen.
Mittlerweile habe ich relativ viele Möglichkeiten auf Namensvorschläge zu kommen. Zum einem führe ich eine Liste, auf der immer alles notiert wird, das vernünftig klingt. Wie Gabriel oder Adrian. Oder Tobias. Ich weiß nicht, wie andere Autoren dies handhaben, aber ich lese Credits mit. Bei Filmen arbeiten Tausende von Menschen im Hintergrund und die meisten werden namentlich benannt. Die zwei Minuten (manchmal auch acht), die ich in den Abspann eines Films investiere, haben sich schon vielfach ausgezahlt. Ansonsten hilft es auch, Sachen bei eBay zu verkaufen. Auf was für Orte, Adressen und Namen man da stößt, ist unglaublich.
Bei meiner Geschichte „Tou’Gard“ war diese Herausforderung sogar doppelt schwer. Dadurch, dass meine Begabten aus allen Ländern der Welt kommen, brauchten sie auch entsprechende Namen. Nach einiger Suche im Internet, in den Top 100 Listen der beliebtesten Namen aus Land X , habe ich mich für folgende Namen entschieden. Jeder von ihnen hat mich vor einen kleinen, bis sehr großen Haufen von Schwierigkeiten gestellt.
Hier mein sogenannter „Hauptcast“:
Charlie Andrews – ein Jahr nach seiner Entstehung fiel mir auf: Die Kellnerin in der ersten Staffel von Heroes, trug diesen Namen … Ich liebe meinen Charlie trotzdem. Aus Angst, da englische Namen bei deutschen Büchern nicht gerne gesehen werden, habe ich Charlie einen englischen Familienzweig verpasst, der nach Deutschland auswanderte. Schon schrecklich, wie viel man biegt und beugt, um seinen Willen zu kriegen. 🙂
Ann Jones – wurde zu Ann Kreuz, damit ich einen deutschen Nachnamen habe, der gleichzeitig vom Kreuzschraubenschlüssel stammt, wurde wiederum zu Annabelle Kreuz, da dass Ann noch zu sehr nach Englisch klang. Im Allgemeinen habe ich dank Hollywood und amerikanischen Büchern einen Hang zu englischen Namen.
Daisuke Suzuki – Dominic dachte nur an die Automarke und nicht, dass es in Japan ein Name wie Müller ist – wurde zu Daisuke Hiragawa, und Dominic meinte, dass jeder dritte Japaner diesen Namen trägt – Schlussendlich: Daisuke Shikagawa. Ich finde es klingt gut. Wobei man das ‚u‘ in der originalen Aussprache verschluckt. Es heißt also „Dais-ke“. Das sprich sich wie Eis mit einem ‚d‘ davor und das ‚ke‘ wie bei Harke.
Becca, Rebecca, Flochard – Lustigerweise keine Einwände, obwohl ich sehr lange am Nachnamen gearbeitet habe. Leider habe ich keinen Französischen Nachnamen gefunden, der typisch für Toulon ist. Auch hier gab/gibt es Probleme wegen Twilight. Becca ist nah dran an Bella, aber abgesehen von den drei Buchstaben war es das auch!
Raphael Valente – ich danke dem Panini WM Heft, das mir geholfen hat. Valente ist der Schmidt im südamerikanischen Raum, Raphael wählte ich wegen der religiösen Überzeugung dieser Länder, also strikt katholisch. Außerdem war Raphael ein Erzengel, der sich um die Kranken und Reisenden kümmerte – das passte super. Schließlich ist er vom Charakter her Alpha-Männchen und der Anführer meiner Gruppe.
Vivienne Sperrit – Dominic wollte eine Vivienne, der Nachname entstammt Umfragen aus dem Internet bezüglich australischer Namen. Es war interessant einen Namen zu finden, der zwar englisch klingt, aber nicht britisch oder amerikanisch. Ich hoffe, das ist mir gelungen.
Avid – ein Jahr nach seiner Entstehung sah ich das Plakat der Musikband Avid. Ursprünglich war er als Avi gedacht, da Dominic diesen israelischen Namen mochte. Ich konnte damit nichts anfangen und hing, um ihn zu ärgern, ein ‚d‘ ran. Mittlerweile liebe ich Avid und Dominic hat sich daran gewöhnt. Es passt zu meinem Perser. Bei Avid dachte ich sofort an Wüsten und Sandsteinbauten und Haut, die von der brütend heißen Sonne zu Bronze verwandelt wurde. 😉
Joy Flemming: Es gibt in Deutschland eine berühmte Schlagersängerin mit dem Namen … So wurde es zwangsweise zu Joy Flemyng abgeändert. Joy, da die Figur Amerikanerin ist und ein verkappter Hippie. Flower, Sky, oder Rain fand ich zu klischeehaft.
Edward MacManara – der schlimmste Fall. Da Ed Gedanken lesen kann, zieht jeder die Verbindung zu Twilight. Aber NEIN, er ist kein Vampir. Er ist Schotte. Aus Inverness! Das ist der Ort, wo der historische Macbeth regierte und wo das Monster von Loch Ness seine Runden schwimmt; vielleicht.
Nach anderthalb Jahren hat man mir dennoch geraten, ihn abzuändern. Doch mir fällt nichts Besseres ein. Das wäre, als wenn ich einem Kind zum zweiten Geburtstag einen neuen Namen verpasse … Am Schlimmsten ist vorallem, dass Raphael ihn immer „Ed“ nennt und ich keine Ersatzabkürzung finde. Ich denke an Ed und schon habe ich sein Gesicht vor Augen. Ich weiß dann sofort, wie seine Körpersprache ist, wie er redet, wie er handeln würde. Ich will diesen Namen nicht ändern …
Warum hat Twilight einen so großen Einfluss, dass man keine Figur mehr Edward nennen kann? 🙁
Daher halte ich mich weiter an Goethe und hoffe, dass Charlie Andrews irgendwann wirklich voraustönen wird. Ich meine, bei Harry Potter, Staubfinger, Robert Langdon oder Frodo Beutlin, wissen wir alle, wer gemeint ist. Das ist doch mal ein Ziel, das man sich setzen sollte. Anstatt an die Kellnerin aus Heroes zu denken, denkt man bei ‚Charlie Andrews‘ sofort an Tou’Gard..
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