Vergangenes Wochenende bin ich auf eine Internetseite gestoßen, die mir persönlich sehr gefällt. Bei http://www.gratefulness.org/candles/candles.cfm?l=ger kann man virtuelle Kerzen anzünden. Dieser Dienst ist kostenlos und man muss nicht mehr hinterlegen als Land und Stadt, in der man lebt.
Zuerst stand ich dem Ganzen sehr skeptisch gegenüber. Früher ist man in eine Kirche gegangen, um an seine Angehörigen zu gedenken. Heutzutage besucht man eine Internetseite? Als ich aber ich die gewaltige Zahl von angezündeten Kerzen entdeckte, war meine Neugier geweckt. Seit Mai 2001 brachte man 10.636.945 Kerzen in 243 Ländern zum Leuchten. Praktisch gesehen nimmt die ganze Welt teil.
Ich habe mich also darauf eingelassen, eine Kerze anzuzünden. Im Endeffekt klickt am auf der Hauptseite eine Kerze an, die noch nicht brennt. Dann fordert die Seite einen auf, den Moment der Stille zu genießen und in sich gekehrt zu entscheiden, für wen oder was man eine Kerze anzünden möchte.
Dieser Moment hat mir sehr gut getan. Nicht nur jetzt zur Weihnachtszeit, wenn man hektisch Geschenke zusammensammelt und die Tage bis zum Heiligen Abend vorbeisausen. Kurzeitig konnte ich abschalten und allen Stress abschütteln. Das bei einer virtuellen Kerze! Kaum zu glauben!
Hat man seinen Text ausgewählt, gibt man der Kerze ein Kürzel, damit man sie auch wiederfindet. Sie brennt für 48 Stunden und fährt man auf der Startseite mit der Maus über sie, erscheint die Widmung. Ich fand es bestürzend, traurig und manchmal auch idealistisch, was für Gedanken Menschen aus aller Welt mit ihren Kerzen ausdrücken. Trauer. Protest. Hilflosigkeit. Liebe. Der Wunsch nach etwas Besseren.
Diese Seite berührt einen und das mitten im Worldwideweb. Ich habe keine Ahnung, wer diese Menschen hinter den Kerzen sind, aber wenn ich ihre Nachrichten lese, denke ich: Halte durch. Oder: Ich kann diesen Schmerz verstehen. Oder: Zu schön, falls dies gelingen sollte. Daher empfinde ich dieses Projekt als besonders herausragend. Es lehrt den Menschen wieder Anteil zu nehmen, in einer Welt voller Anonymität und Ich-Bezogenheit.
Schaut doch selbst vorbei, wenn ihr die Zeit habt. Bestimmt werdet ihr es nicht bereuen.