Am 10.2.2011 war ich zur Lesung von Sebastian Fleming eingeladen, der im Buchhandlung Nonnendamm (Spandau) seinen neuen historischen Roman „Die Kuppel des Himmels“ vorstellte. Dieser erzählt die teilweise fiktive, teilweise historisch fundierte Geschichte der Erbauung des Petersdoms in Rom. Vor der Kulisse der Renaissance im 16 Jhd. und den durch Glaubenskriege erschütterten Vatikan, erbaut Michelangelo mit seinen Baumeistern und Schülern, ein Monument, bei dem man sich heute noch nicht ganz sicher, wie es überhaupt stehen kann. (Es steht einfach 😉 )
Um diese Handlung strickt sich eine Geschichte aus Liebe, Intrige und Größenwahn um den Architekten Bramante und den Künstler Michelangelo. Plus sehr, sehr viele Nebenfiguren, die ich, da ich das Buch nicht gelesen habe, nicht mehr auseinanderhalten kann.
Zur Lesung selbst habe ich einen guten Freund mitgenommen. Im Vorhinein haben wir uns noch zum Essen getroffen und solange gequatscht, dass wir fast zu spät kamen. Aber wie sagte ich: Lesungen fangen niemals pünktlich an. Ich behielt recht und zum Glück braucht man mit der UBahn von der Paulsternstraße zum Siemensdamm nur fünf Minuten …
In der Buchhandlung angekommen quetschten wir uns also in die letzten beiden, nebeneinander liegenden Plätze und sahen uns erstmal die vielen Bücher an. Die Buchhandlung am Nonnendamm ist zwar ein kleiner, aber sehr gemütlicher Laden und wirklich gut sortiert. Mein Platz lag inmitten der Kinderbücher und links von mir standen die Jugendbücher; genau meine Ecke also.
Es waren ca. dreißig Zuhörer anwesend, aber mein Freund und ich senkten den Altersdurchschnitt deutlich, dabei wird er dieses Jahr 27 Jahre alt. 😉 Genauso war es zu Beginn erschreckend ruhig. Bei anderen Lesungen wurde gelacht, sich laut unterhalten und es kehrte erst Ruhe ein, wenn der Autor seinen Platz einnahm.
Die Inhaber der Buchhandlung stellten Herrn Fleming vor und es ging endlich los. Promovierter Germanist, Geschichtswissenschaftler, Philosoph. Aufträge für Film und Theater. Erfolgreicher Sachbuchautor. Oh ha. Das konnte etwas werden. Normalerweise vertrete ich die Meinung, dass man zwar viele Genres beim Schreiben ausprobieren kann, aber man ist nur in einem wirklich gut. Aber Überraschungen kann es ja immer geben.
Leider habe ich schnell gemerkt, dass ich nicht in die Leserschaft von Herr Flemings Buch passe. Stets, wenn der gesamte Raum auflachte, suchte ich noch den Witz. Erheitert hat mich nur die Anekdote zu Flemings drei Synonymen. Einst brachte ein Postbote Belegexemplare für zwei seiner Namen und der Autor musste erklären, dass er das alles in einer Person ist.
Okay, wir haben das wo, wann, wer und was abgehakt. Kommen wir doch mal zu dem wie. Jetzt gibt es Noten für die Darstellung.
Ich kann nicht ganz genau einschätzen, aus welchen Teilen die Vorleseparts stammten, da ich auch keinen direkten Blick auf Herrn Fleming hatte. Dafür kann ich den Text selbst einschätzen. Persönlich hat mir der Schreibstil nicht gefallen. Es klang holprig und es kam kein Erzählfluss auf. Wenn der zweite Satz dann schon „Er spuckte aus“ ist … Ich konnte mich nicht damit anfreunden. Der Ausdruck wirkte alt, wie ein Buch aus den Neunzigern (so seltsam das auch klingt) und die Beschreibungen (Orte, Personen) waren klischeebeladen. Mit einigen kam ich erst gar nicht klar. Michelangelo mir im Regen wie einen geschröpften Moses vorzustellen, funktioniert in meinem Kopf nicht.
Sicherlich kann der geschichtliche Hintergrund spannend sein, aber dies wurde durch Details zum Kirchenbaus und der katholischen Kirche überlagert. Absatzweise Latein rezitieren muss einfach nicht sein und überfordert meine Aufmerksamkeit. Egal wie gut dies alles auch recherchiert sein mag, ich fühlte mich wie in einer Messe. Als würde man gleich die Kommunion austeilen.
Die Fakten, das Hintergrundwissen waren deutlich besser aufbereitet als die Handlung und die Figuren. Es gelang mir über die ganzen Passagen nicht, einen Bezug zu den Figuren aufzubauen, was für eine Lesung nicht unbedingt das beste Zeichen ist. Als Beispiel führe ich die Szene auf, in der Michelangelo mit einem Messer angegriffen wurde. Der Autor erzählt sehr ausführlich wie man durch die alten Teile des Petersdom schreitet, zeigt die Architektur, … Aber dann sind plötzlich so viele Personen vor Ort, die man gar nicht kennt, gar nicht zuordnen kann. So schnell die Leute auftauchen, so schnell wird Michelangelo angegriffen. Aber anstatt Gefühle zu zeigen, dass der Schüler (in dessen Sicht wir sind) Angst um seinen Meister hat – Fehlanzeige. Wir verlieren uns in einer Beschreibung des Ortes und das irgendein Kardinal/Bischof/? Auftaucht und wie er im Allgemeinen in die Situation passt. Ach ja, irgendwann tragen sie dann Michelangelo nach Hause, der die ganze Zeit blutend am Boden lag.
An dieser Stelle hat sich dann die Überraschung verabschiedet. Man hörte den Sachbuchautor aus den vorgetragenen Zeilen, der die Fakten zwar schön ausschmückte, aber die Handlung an zweite Stelle treten ließ. Auch wirkte der Vortrag seltsam … leblos. Mir fehlte die Angst, die Betonungen in der Stimme des Erzählers und der Figuren. Vielleicht wurde ich auch auf den vorherigen Lesungen zu sehr verwöhnt, aber dieser Aspekt hat mich gestört. Alles wirkte so neutral.
Als Herr Fleming jedoch in der Fragerunde frei zu sprechen begann, hat er mich wiederum begeistert. Man merkte ganz deutlich, wie viel er von dieser Thematik versteht. Es trat plötzlich ein Strahlen in seine Augen und Leidenschaft in seine Stimme. An den geschichtlichen Hintergrund kann ich mich im Übrigen noch tadellos erinnern. An die Geschichte … nun ja.
Dennoch sind mir zwei Dinge besonders negativ aufgefallen. Zum einen hatte der Autor Probleme, einen Figurennamen auszusprechen. Ich weiß gar nicht, was ich hier schreiben sollte, da die Silben immer anders klangen. Irgendetwas mit S …? Und zweitens ist mir im Text ein Logikfehler aufgefallen: Seit wann kann Bronze GOLDEN glänzen? Bronze glänzt rötlich und Gold eben gülden, aber beides mischen geht nicht. Natürlich können solche Fehler immer mal wieder auftreten, aber an dieser Stelle hat ein Lektor deutlich geschlampt.
Daher war diese Lesung zwar ein Erlebnis, aber nicht unbedingt das mitreißendste. Dahinter kann sich noch ein interessantes Buch verbergen, aber die Lesung, die Interesse erwecken sollte, hat dieses Ziel bei mir verfehlt. Ich werde mir zumindest dieses Buch nicht kaufen und verbleibe zunächst bei der Meinung, dass Sachbuchautoren und Romanautoren zwei ganz unterschiedliche Erzählstile haben..
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