Inhalt:

Anna verbringt mit ihren Eltern die Ferien in Venedig. Während eines historischen Gondelfestes wird sie in eine rote Gondel gezogen, mit der Anna eine Zeitreise ins 15. Jahrhundert macht. Zunächst muss sie lernen sich an die gegebenen Verhältnisse anzupassen, lernt jedoch schnell, dass sie eine Aufgabe zu erfüllen hat, bevor sie wieder nach Hause darf. Die Frage ist nur welche?

Persönlich habe ich mich gefreut ein Zeitreisebuch über Venedig zu finden, da mich die Stadt fasziniert und ich diese auch einmal bereisen möchte. Doch im Buch werden zwischenzeitlich so viele historische Begriffe und Begebenheiten – sowohl zur Stadt als auch zum Jahrhundert – wiedergegeben, „Zeitenzauber“ liest sich absatzweise wie ein Reiseführer. Diese Informationen sind teileweise informativ und lustig verpackt, aber oft fühlt man sich als Leser wie in einer Stadtrundführung. Die vielen Plätze und Kirchen habe ich bald nicht mehr auseinander halten können. Eine Karte wäre eine praktische Ergänzung gewesen.

Dafür habe ich über die Sperre geschmunzelt, die verhindert, dass Zeitreisende Anachronismen wie Ipod oder Kinofilm benutzen.

Sprache:

Das Buch liest sich flüssig und es ist trotz der vielen Fremdwörter nicht zu kompliziert geschrieben. Schade ist jedoch, dass die Begriffserklärungen, die aufgeführt sind, oft Wörter erklärten, die man aus dem Kontext verstand. Wörter wie ‚Prokurator‘ jedoch nicht. Da musste ich schon mal zum Fremdwörterlexikon greifen. (Für denjenigen, den es interessiert: Ein Prokurator war einer der höchsten Staatsbeamten Venedigs, aus diesen dann der Doge – das Oberhaupt – Venedigs gewählt wurde.)

Gleichzeitig blieb der Leser wegen der Ich-Perspektive immer in Annas Sicht. Dadurch konnte man ihren Gedanken und Beweggründen zwar gut folgen, aber dies schränkte die Möglichkeiten immens ein. Ich konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass das Spannende immer dort passierte, wo Anna sich gerade nicht aufhielt.
Dennoch habe ich hin und wieder den Kopf geschüttelt über leicht abgenutzte Formulierungen wie „blickte eine Ewigkeit in seine blaue Augen“. Dafür hat die Autorin aber auch auf Jugendsprache gesetzt. Wie zum Beispiel das Anna mit einer Pfeffermühle und ihren Harry Potter Büchern eine reiche, angesehene Frau in Venedig im Jahre 1499 gewesen wäre. Und wenn sie dann noch ihre Twilight – Reihe draufgelegt hätte, wären alle Junggesellen hinter ihr her gelaufen.

Figuren:

Zu Beginn habe ich Anna ihre siebzehn Jahre nicht abgekauft. Eine fast erwachsene Frau soll in den Ferien bei ihrer Großmutter bleiben und darf nicht allein durch die Straßen Venedigs, obwohl sie mit ihren Eltern eine Reihe von Führungen und Stadtbesichtigungen gemacht hat? Sehr unwahrscheinlich. Die meisten Mädchen in diesem Alter würden ihren Eltern etwas husten.
Außerdem habe ich Annas  Entwicklung vermisst. Sie wirkte sehr passiv, da ständig die Situation ihr Handeln vorschrieb und sie nur wenig selbst agierte.
Gestört hat mich, dass ich eine bessere Bindung zu Clarissa, dies war eine Nebenfigur, aufbauen konnte. Clarissa hatte weitaus mehr Konflikte und Tiefe als Anna; leider. Genauso habe ich die Wendung am Schluss nicht ganz nachvollzogen, wenn sich enthüllt, wer der wirkliche Gegenspieler ist. Keine Angst, ich verkneife mir den Namen! Aber irgendwie ging mir dies zu schnell, zu plötzlich und zu unerwartet. Das hatte etwas von „Hier – das ist die Lösung und Ende“.

Kritikpunkte:

Das Buch strotzt vor italienischen Namen und Begriffen, die teilweise wie erzwungen wirken. Oft tritt die Handlung hinter den historischen Begebenheiten zurück. Anstatt dem Leser also genau zu beschreiben, wie ein Haus aussah, warum es so hieß, und warum es gerade so eingerichtet war, hätte ich mich gefreut, wenn die Autorin mehr auf das Leben in dieser Zeit eingegangen wäre. Gerade vom großem Fest in der Mitte des Buches bekommt der Leser nicht viel mit, außer warum die Speisetafel genau an ihrem Ort aufgebaut ist.
In der ersten Hälfte zieht sich das Buch. Die Handlung beginnt schleppend und in die Autorin lässt mit ihrem ruhigen Stil viel Zeit die Umwelt, die Zeit und die Gegebenheiten zu erklären. In der zweiten Hälfte bessert sich dies zum Glück, und zwar ab dem Punkt, wo Anna mit Sebastiano zusammenarbeitet; sie sich gegenseitig helfen. Dieser Umstand hat die ersten Seiten herausgerissen, auch weil man beim Lesen merkte, dass viele Details am Anfang gesetzt wurden, weil sie zum Ende noch einmal wichtig wurden.
Dennoch hat die Autorin keine plausible Erklärung für das Zeitreisen gefunden. Wie die Gondel funktioniert, wird zwar erklärt, aber weder warum, noch was diese Boten, Beschützer und Bewahrer sind. Noch wer sie steuert, ihnen Befehle gibt oder was diese Organisation/was auch immer wirklich ist. Anstatt hier tiefer in die Materie einzusteigen, wird der Leser mit physikalischen Paradoxa abgespeist. Hier hätte die Autorin ihre Fantasie mehr nutzen sollen. Mir persönlich gefällt es nicht, wenn am Ende eines Buches jeder Charakter auf magische Weise seinen perfekten Partner findet und nur noch jemand zur Massenhochzeit einladen müsste. Aber das ist ein rein subjektiver Kritikpunkt.

Zusammenfassung:

Zeitenzauber ist ein ruhiges, aber flüssig geschrieben Buch, dass mit seinen historischen Details punktet. Dadurch jedoch auch immer wieder die Bindung zu Figuren und Handlung verliert. Leider gefiel mir das Standard-Happy-End nicht besonders, aber sonst ist es ein solides Jugendbuch.

Abschließend lässt sich noch sagen, dass das Cover einfach wunderschön illustriert und verarbeitet ist. Es jedoch mehr versprach, als ich dann beim Lesen vorfand.

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Rezension : Zeitenzauber von Eva Völler

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