C. Alexander London – Wir werden von Kannibalen zum Essen eingeladen* *oder gegrillt
Arena Verlag
274 Seiten
ab zehn Jahre
ISBN: 978-3-401-06673-8
Mehr Informationen findet man unter:
oder auf der Verlagsseite.
Inhalt: Nach ihrer Rückkehr aus dem Himalaya wollen Oliver und Celia einfach nur fernsehen. Doch als ihr Vater am Amazonas entführt wird, müssen sie nach Südamerika reisen, wo sie pünktlich zum Abendessen bei kulinarischen Kannibalen landen. Und obwohl Oliver und Celia nichts weniger sein möchten als Abenteurer, stecken sie schon wieder mittendrin in einem neuen Abenteuer, das aberwitziger und rasanter nicht sein könnte. (Quelle: Arena Verlag)
Der Autor: C. Alexander London ist ein preisgekrönter Autor, Meister im Tontaubenschießen und Sporttauchen und darüber hinaus staatlich anerkannter Bibliothekar. Er hat bisher in 23 verschiedenen Ländern ferngesehen und ganz nebenbei einen Vulkanausbruch, einen Hurrikan, vier Bürgerkriege und eine mysteriöse Bisswunde an seinem kleinen Zeh überlebt. Zurzeit lebt und arbeitet er in Brooklyn, New York. (Quelle: Arena Verlag)
Figuren: Die Navel-Zwillinge sind im zweiten Teil ihren Charakterzügen treu geblieben. Wollen sie doch am liebsten nur ihre Fernsehsendungen sehen (einen Kabelanschluss!) und ein langweilige, unaufgeregte Kindheit verbringen, werden sie trotzdem auf ein Reise in das Amazonasgebiet verschleppt. Oliver entwickelt sich dennoch so langsam zu einem Abenteurer, mehr und mehr möchte er das ausprobieren, was er in den Action-Serien so toll findet. Auch Celia entwickelt sich zu einer Forschungsreisenden, aber sie unterdrückt dies, da ihr Zorn auf ihre Eltern, besonders ihre Mutter, noch zu gewaltig ist. Diese Entwicklung zieht sich ganz langsam durch den zweiten Band, aber beim Lesen habe ich deutlich gemerkt, wie anders die Zwillinge nun mit dem Reisen und den dabei auftretenden Gefahren umgehen. Wie schlau sie sind! (Dank der Fernsehserien. ;)) Und wie viele Erfahrungen sie auf ihren früheren Reisen schon gesammelt haben, sodass sie bei manchem Erwachsenen nur über seine Unfähigkeit mit den Augen rollen.
„Das sind eigentlich gar keine Menschenfresser, wisst ihr“, erklärte Oliver seinen Eltern.
„Manchmal ist ein Gerücht wirkungsvoller als ein Speer“, fügte Celia hinzu. (S. 234)
Im ersten Band fand ich dieses generelle Ablehnen der Zwillinge sehr überspitzt, in der Fortsetzung gefielen sie mir deutlich besser. Ihre Dialoge sind immer noch genial und herrlich ironisch, wenn sie seufzend feststellen, dass sich noch eine Prophezeiung um sie dreht. Schon wieder.
Amüsiert hat mich die ganz unterschiedliche Vernarrtheit der Zwillinge in den Schauspieler Corey Brandt.
ACHTUNG SPOILER:
Welcher tatsächlich noch im Buch auftritt. Gerade da der erste Band mir noch frisch im Gedächtnis war, wusste ich noch um die vielen Details dieser Figur, die der Autor sehr gut umsetzte. Zwar ließ mich das Gefühl nicht, dass etwas mit Corey nicht stimmte, aber die Hinweise deuteten auf alles Mögliche hin. Gut gemacht!
SPOILER ENDE.
Ansonsten blieben die Figuren herrlich konstant und konsequent. Der stets vergiftete oder entführte Vater der Zwillinge bleibt der Runing-Gag. Wenn er nicht freudig durch den Amazonas stapft oder sich einen Wettbewerb mit Sir Edmund liefert, der wie immer im Befehlston kommandiert. Auch die Nebenfiguren mit den kleinsten Auftritten waren gut typisiert. Ohne große Erklärungen, aber mit den passenden Details ausgestattet, sodass man immer wusste, was sie darstellen sollten.
Sprache: London glänzt schon im ersten Band mit einem flüssigen und schnellen Schreibstil, passend für die Altersstufe gewählt. Hervorheben möchte ich die Idee von „Wally Wurms Wörterwelt“, einer Fernsehsendung, die in Reimen schwierige Begriffe erklärt. Genialer Einfall, um Fachbegriffe zu erklären, da Oliver immer fragte und Celia den passenden Reim dazu aufsagte. Kindgerecht, toll!
Der Humor und Wortwitz ist meiner Meinung nach sogar noch besser gewesen als im ersten Band. Auch der Erzähler präsentierte wieder witzige Anekdoten und kleine Mini-Abenteuer, die die Geschichte insgesamt abrundeten. Besonders mochte ich die Details, die London verwendet. Seine Beschreibungen erzeugen alle Atmosphäre und beim Lesen kann man sich alles sehr gut vorstellen. Der Dschungel im Amazonasgebiet wirkte von der ersten bis zur letzten Zeile unheimlich, mysteriös und geheimnisvoll.
Direkt vor ihnen türmte sich ein undurchdringliches Gewirr aus Ästen und Wurzeln auf, das bis weit über die Flussmitte hing. […] Ein Baum stützte den anderen, gemeinsam wuchsen sie dem Sonnenlicht entgegen. Unten bildeten sie einen Tunnel, Lianen hingen über die Öffnung und sahen aus wie die Reißzähne eines Raubtieres. (S. 241/42)
Lob und Kritik: Das Cover! Dieses tolle, originelle Cover, das die Geschichte so schön widerspiegelt. Das erste fand ich ja schon großartig, das zweite steht diesem in nichts nach. Ich habe mich richtig auf die Abenteuer gefreut, die die Illustration andeutete und wurde nicht enttäuscht.
Nach dem zweiten Teil habe ich erst gemerkt, wie komplex, die Story ist, die sich London hat einfallen lassen. Elemente aus dem ersten Teil spielten hierbei noch eine Rolle – die Detailstreuung und deren Verwertung ist wirklich gut gelungen. Die Reihe wirkt, als wäre sie von vornerein von vorne bis hinten durchdacht. So zumindest mein Eindruck, nachdem ich die zwei von vier Bänden recht zeitnah hintereinander gelesen habe. Ein roter Faden zieht sich durch die Reihe der unfreiwilligen Abenteuer der Navel-Zwillinge. Einen, den London niemals außer Augen lässt und ich mehr und mehr den Eindruck gewinne, dass die vielen kleinen Rätsel bisher nur die Hinweise für ein weitaus größeres Geheimnis sind.
Lobend hervorzuheben ist definitiv die kindgerechte Gestaltung dieser Abenteuergeschichte. Die „Bösen“ besitzen zwar Waffen, rennen aber dennoch vor den Speeren der Eingeborenen weg. Jene angeblich menschenfressenden Eingeborenen fordern die Zwillinge zu einer Mutprobe heraus, die sich dann als Spiel entpuppt.
Genauso schafft London es, ganz spielerisch Wissen über fremde Kulturen, Sitten und Gebräuche einfließen zu lassen. Am Ende des Buchs hatte ich das Gefühl, etwas gelernt zu haben und ich bin mir sicher, dass dies bei Zehnjährigen noch deutlich stärker sein würde.
Leider las sich das Ende sehr abrupt; im Vergleich zum restlichen Handlungsbogen. Das ging mir persönlich zu schnell und ich konnte das Gefühl auch nicht abschütteln, dass der Schreibstil gerade bei der Jagd durch den Tempel nachgelassen hatte.
Das einzige wirkliche Manko kann ich jedoch nicht dem Autor ankreiden. Auf den letzten Seiten wurde immer wieder Claire Navel, die Mutter, als Celia Navel bezeichnet. Celia sprach sozusagen mit sich selbst … Das war zwar verwirrend, aber nicht weiter schlimm. Denn London schafft es, seine Figuren so markant reden zu lassen, dass ich diese auch ohne Namensbezeichnung zuordnen konnte.
Zusammenfassend: „Wir werden von Kannibalen zum Essen eingeladen“ ist eine witzige „Indiana Jones“-Abenteuergeschichte für Kinder, und alle, die sich daran erfreuen können. Besonders der zweite Band wirkte sehr gut recherchiert und kam dieses Mal ohne phantastische Elemente aus. Amüsant, ironisch und mit einem tollen Schreibstil! Daher vergebe ich fünf von fünf Sternen.
Abschließend bedanke ich mich beim Arena Verlag für das Rezensionsexemplar.