Am 23.3.2011 war ich zu der Lesewoche in der Grundschule am Eichenwald (Berlin – Spandau) eingeladen. Das erste, das ich an diesem Morgen im Radio hörte, war die Nachricht über ein neues Mobbingopfer hier in Berlin. War das das Chaos gewesen, das mich vor jeder Lesung heimsucht, fragte ich mich. Bisher war der Morgen sehr ruhig und geregelt verlaufen. Zumindest war ich als Neu-Berlinerin sehr stolz, dass ich den Stau auf der Autobahn eigenständig umfahren bin. 😉
Die Grundschule am Eichenwald liegt versteckt zwischen kleinen Häuschen und Eichenbäumen. Fast hätte ich sie nicht gefunden, schließlich habe ich die erste breite Parklücke genommen, die ich gefunden habe. Natürlich lag die einen schönen Spaziergang entfernt. Die Schule selbst besteht aus mehreren Gebäuden, die mit Zwischengängen verbunden sind, als hätte man immer wieder ein neuen Anbau angefügt. Die Gänge und Klassen sind hell und überall an den Wänden fand man Fotos von den unzähligen Aktivitäten. Ausflüge in den Spandauer Forst, „Kinderdisco“ , Fasching … die Auswahl war beeindruckend. Ohne mein Geleit in Form von Frau Sauer, hätte ich mich wohl wieder verlaufen, aber dank ihr habe ich sicher das Sekretariat erreicht.
In der Schule war einiges los. Jedes Jahr wird eine Lesewoche veranstaltet, bei der Kinder selbstständig lesen, Theater spielen oder eben Autoren eingeladen werden. Mein Weg führte mich am Lesecafé vorbei, in dem der Spandauer Bibliotheksbus die Kinder mit Büchern versorgte.
Meine Lesungen fanden in der Mensa der Schule statt. Als ich ankam waren Tisch und Stühle schon vorbereitet. Ich hatte also einige Zeit mich umzusehen und entdeckte das lustige Bewertungssystem der Köchin. An einer Magnettafel können die Kinder grüne, gelbe und rote Smileys an die jeweilen Tage anheften und somit ihre Meinung zum Gericht abgeben. Ein tolle Idee!
Für meine Lesungen hatten die Lehrer jeweils fünf bis zehn Kinder zusätzlich aus unterschiedlichen Klassen ausgewählt, die zuhören konnten. Pro Lesung hatte ich ca. 30-40 Zuhörer. „Die Jungs, die immer stören, machen Mathe“, erklärte mir ein Mädchen, während zunächst die Schüler der sechsten Klassen auf die Plätze stürmten. Heute habe ich gelernt, dass Kinder alles wörtlich nehmen. Ich wollte die Schüler, die sich in die letzten Reihen verkrochen hatten, auffordern aufzurücken. Auf mein „Warum rückt ihr da hinten nicht auf“ rückten alle Kinder mit ihren Stühlen ein Stück nach vorne! Kuschelig, aber unerwartet. 😉
Durch die bunte Mischung der Klassen waren die Kinder nicht ruhig zu bekommen. Es wurde getuschelt, sich über die Reihen gebeugt, das Mädchen eine Reihe weiter vorne geärgert. Eigentlich schade, da dadurch die Schüler, die aufmerksam lauschten immer wieder gestört wurden. Auch ich hatte auf der ersten Seite meines Buches einige Stolperer beim Lesen, aber die Kinder haben es mir nicht übel genommen, da ich mich wieder gefangen habe.
Zu den Berufen. Millionär, auf den dann prompt der Billionär folgte (man will ja reicher sein). Die Jungs träumten vom Sprengmeister, Kfz-Mechaniker, Schrottplatz-Besitzer, Waffenhändler. Letzteres stieß auf große Ablehnung, sowohl bei mir als auch auf lautstarker bei den Schülern. Die Mädchen wiederum wären gerne Tierärztin, Ara-Züchterin, Schriftstellerin oder Süßigkeitenfabrikbesitzerin. Natürlich von der größten der Welt. Gelacht habe ich bei zwei Jungen, die nebeneinander saßen. Sie wollten Rechtsanwalt und Linksanwalt werden. Auf meine Frage, wo denn der Unterschied liegt, erklärten sie mir, dass sie beide Anwälte werden, aber einer immer rechts und der andere immer links am Tisch sitzt.
Es ist immer wieder schön zu sehen, wie kreativ Kinder sein können. 😀
Die zweite Lesung mit den fünften Klassen verlief noch unruhiger. Zunächst kamen die Schüler fast fünfzehn Minuten zu spät und dann rauschte die Spülmaschine der Kantine. Die Akustik stellte mich vor keine Probleme, aber ich konnte nicht einschätzen, wie sich meine Stimme gegen die Maschine schlug … Auch diese Schüler erzählten mit von überwältigend vielen Berufswünschen, wobei ich diese Lesung zu Gunsten der Mittagspause vorzeitig abbrechen musste. Ich konnte mich kaum verabschieden, da ich zuerst die ausgelegten Lesezeichen und Sticker für die Schüler erwähnte und plötzlich eine Masse von Kindern zum entsprechenden Tisch rannte. So habe ich nur noch mit wenigen gesprochen und deren Fragen im Nachhinein beantwortet. Das war Lektion Nummer zwei: Die Goodies erst erwähnen, wenn man fertig ist. 😉
Zum Schluss gab es wieder Blumen, die mittlerweile auf einem Sideboard stehen. Meine Fensterbank ist mittlerweile restlos dicht. Vielleicht stelle ich die Tage ein Foto davon ein.
Es ist schon eine ganze Weile her. Aber ich kann mich genau daran erinnern. Die Jungs mit dem Recht- und Linksanwalt saßen genau hinter mir. Es ist schön zu sehen, das man an dieser, leider nicht ganz so angenehmen, Schule doch noch ein paar schöne Erinnerungen gefunden hat.