Nein, ich habe nicht begonnen, Marc Twain zu lesen. 😉 Am Mittwoch, den 13.4.2011 war ich zu Lesungen in den fünften Klassen der Marc Twain Grundschule in Berlin-Reinickendorf eingeladen und es schüttete in Strömen. Der April bewies eindrucksvoll, wie nass und kalt er doch sein konnte, während ich zu Schule fuhr. Trotz Winterjacke war es recht kalt … Berlin bewies mir wieder seinen typischen autofahrerfeindlichen Charakter. Nach fünf Minuten war ich an der Schule angekommen, brauchte aber gute 20, um einen Parkplatz in der verkehrsberuhigten Zone zu finden.
Leider gibt es dieses Mal kein Foto vom Gebäude, da ich einfach nur froh war, aus dem Regen zu sein. Die Mark Twain Schule besteht aus mehreren Gebäuden, die einen Besucher relativ verwirren. Laut Anweisung der Klassenlehrer sollte ich mich an das blaue Haus halten. Leider hatte mir niemand verraten, dass damit die Fensterblenden des Treppenhauses gemeint waren … Mir fiel jedoch auf, dass ich wieder eine barrierefreie Grundschule besuchte; inklusive Fahrstuhl und Rollstuhlrampe. Die Marc Twain Grundschule ist eine Ganztagsschule, sodass mehrere Betreuer sich um eine Klassenstufe kümmern, oder sich im Aufenthaltsraum (voller Brettspiele 😉 ) aufhalten, falls etwas vorgefallen ist. Zwei Dinge haben mich jedoch überrascht: Erstens fand ich auf dem Flur der Fünftklässler Fotos von einem Ausflug nach London! Nicht übel! Zweitens begegnete mir im ersten Klassenraum eine elektronische Tafel. Zu meiner Schulzeit spekulierte man darüber, vielleicht welche einzuführen, und B-U-M-M hing so ein Ding voll mit geometrischen Zeichnungen vor meiner Nase.
Seit Langem sollte ich wieder eine Stunde lang vorlesen, was dank der vielen „Vielleicht“ – Parts ganz gut klappte. Die ersten siebzig Seiten meiner Ausgabe von Timmy sind mittlerweile bunt angestrichen. Je nachdem, ob ich Stellen weglasse, sie nur nutze, wenn die Zeit es erlaubt, oder wer gerade spricht. (Frau Schnelles Monolog ist z.B. knallorange). Zum ersten Mal konnte ich den „Beth-Part“ ausprobieren, in dem Timmy auf das Mädchen im Bekleidungsgeschäft trifft. Die Wirkung entsprach nicht ganz dem, was ich erhoffte, aber wahrscheinlich muss ich Beth noch mehr üben, um ihre eine stärkere Stimme zu verleihen. Wird schon. 😉
Gefreut habe ich mich, dass einige Kinder Namensschilder anfertigten. So musste ich endlich nicht mehr der Junge in Grün oder das Mädchen im Hello Kitty – Pullover sagen. Denn bei diesen Beschreibungen schauen Kinder (wie Erwachsene) immer zuerst an sich hinunter, um zu kontrollieren, was sie denn angezogen haben. Eine Klasse beschenkte mich reich mit selbst gemalten Bildern, die entstanden, während ihre Lehrerin ihnen das erste Kapitel vorlas. Erstaunlich, welche Details sie aufschnappten und wie sie sich Onnipolis, den Bahnhof und den Blumenladen vorstellten.
Die Schüler hatten Fragen, Fragen, Fragen. Zum Schreiben, zu meiner Person, aber auch unerwartete. Wie viele Wörter hat das Buch? (Ähm …) Wie verhalten sich Allergien? Kann mein Vater an Zitronenlimonade sterben? Was ist eine Immunschwäche? Warum musste der Junge im Film in dieser Blase sein? Ich glaube, sie meinten „Bubble Boy“ mit Jake Gyllenhaal …
Doch egal wie viel Zeit ich von ihrer Pausen raubte, wenn ich fragte, ob sie noch die letzte Stelle hören wollten, erklang immer ein sehr lautes, einstimmiges ‚JA‘
Die Tops unter den kreativsten Berufswünschen:
- Hundesitter
- Jetpilot
- Chirug
- Faulenzer – da hatten wir ihn wieder. Wieder ein Junge. 😉
- Eine eigene Tanzschule eröffnen
- Hiphop-Tänzer
- Astronaut, was eine rege Diskussion über Yuri Gagarin auslöste
- Zahnärztin
- Geologe
- Innenarchitekt, weil der Junge es mag, Räume zu gestalten und einzurichten
Im Gedächtnis geblieben sind ebenfalls die Kaffeetassen, die im Lehrerstützpunkt/Lehrerzimmer benutzt werden. Wie es sich für eine Lehranstalt gehört, durchdringt die Bildung alles; selbst das Geschirr. Dazu ist die Welt sehr klein. Eine Klassenlehrerin hatte mich 2010 bei der Berichterstattung über die Leipziger Buchmesse im RBB gesehen und erkannte mich wieder, als ich von meiner ‚Autorin sucht Verlag – Aktion‘ erzählte. Meine 20 Sekunden TV-Auftritt haben sich also doch gelohnt. Bestätigung erhalten.
Nach meiner letzten Lesung erlag ich noch einer Knuddelattacke von einigen Mädchen, die mich einerseits verabschieden wollten und andererseits überzeugt waren, dass das Berühren einer Autorin Glück für die morgige Englischarbeit bringen sollte. Obwohl die Schüler Mittagspause hatten, wollten einige mich noch vom Schulgelände eskortieren. Ich bewunderte diese kleinen Energiebündel. Nach drei Lesungen war mein Gehirn nur noch Matsch, aber sie tobten und quatschten munter um mich herum. Die Jungs erklärten mir, sie würden Timmy zum besten Freund haben wollten, was ich ziemlich süß fand, und dass dies die bisher beste Geschichte war, von den beiden, die man ihnen vorgestellt hat. Ich habe es mit einem Lachen hingenommen und mich nicht getraut zu fragen, wer vor mir die Klassen besucht hatte. Denn hey, (Zitat) „das Buch ist total toll!“.