Heute schallt es durch die Nachrichten, dass die Frau von Helmut Schmidt, Loki, mit 91 Jahren verstorben ist. Ich will mich auch gar nicht weiter aufhalten, ihr Leben oder das ihres Mannes auszubreiten. Seit heute Morgen denke ich viel eher darüber nach, wie lange diese beiden Menschen ihr Leben geteilt haben. Als ob es eine universelle Regel für diese Art Pärchen gäbe. Wer den Zweiten Weltkrieg überstanden hat, der überlebt auch alle anderen Widrigkeiten.
Wenn man dann bedenkt, wie unstabil Beziehungen heute sind! Die Scheidungsrate steigt, immer mehr Kinder sind Schlüsselkinder oder wachsen in Patchwork-Familien auf. Im Gegensatz zu heute sind Zweit- und Drittehen ja schon fast Konvention. Herr Gerhard Schröder und Herr Joschka Fischer haben, glaube ich zumindest, beide schon mehr als fünf Ehen hinter sich.
Sicher, früher gab es eine andere Mentalität. Eine Heirat bedeutete bis zum Tode zusammen zu sein; Scheidungen waren verpönt. Aber fast siebzig Jahre mit ein und demselben Menschen zusammen sein? Dominic kenne ich jetzt seit über fünf Jahren und wir sind seit mehr als zwei Jahren verheiratet.
Diese Zeit kommt mir schon wahnsinnig lang vor, weil in jenen Jahren sich auch schrecklich viel verändert hat. Sei es nun Schule, Abschluss, der Umzug, ein neues Umfeld. Auch ich habe mich gewaltig gewandelt. Ich weiß, Zeit ist relativ, aber siebzig Jahre zusammen? Ich finde es erstaunlich und bemerkenswert.
Meine Großeltern waren fünfzig Jahre verheiratet. Eine ebenso lange Zeit, und wenn ich an ihre Geschichten zurückdenke, nicht immer eine einfache. Ich kann nur tiefsten Respekt empfinden vor solchen Paaren. Paare, die vor keinen Problemen zurückschrecken, die, egal, wie schwierig es ist, zusammenbleiben und mit- sowie füreinander kämpfen. Mutig ist das, äußerst mutig, denn in so einer Beziehung muss man zeigen, wie man wirklich ist. Andererseits muss man auch annehmen, wie der andere ist, und ggf. die schlimmsten Macken einander abgewöhnen. Dank Dominic habe ich gelernt ordentlicher zu sein und er isst mehr Vitamine. Und damit meine ich nicht Bananen im Schokomantel! 😉 Wir nennen es mit einem Grinsen „Beziehungsmanagement“; ein Geben und Nehmen.
Aber wie findet man einen solchen Mann? Das ist wohl eine häufig gestellte Frage. Es gibt keinen von Anfang an passenden Topf und Deckel. Es gibt keinen Traumpartner, der das Schild „Absolut seelenverwandt – Hier, ich bin der Richtige!“ um den Hals trägt. Genauso wie der Topf und der Deckel, die geformt, gegossen, gebrannt und oder gestanzt wurden, müssen auch zwei Menschen in einer Beziehung sich einander anpassen. Das ist leider der Punkt, an dem viele Beziehungen scheitern. Wir geben zu viel, oder zu wenig, sind zu selbstbestimmt, oder zu verbohrt, um unsere Fehler zuzugeben.
Anstatt an sich zu arbeiten, schmeißt man die Beziehung hin und begibt sich wieder auf die Suche nach dem Traummann, der doch irgendwo da draußen ist. Sein sollte. Hoffentlich …
Natürlich kann man nicht jede Beziehung mit Initiative retten, aber vielleicht einige, wenn man sich nicht leichtfertig auf sie einlässt und noch weniger leichtfertig sie wieder hinschmeißt, wie ein Stück Papier in den Abfall.
Dominic und ich, wir haben hin und wieder darüber gesprochen, wie eine gute Beziehung funktioniert. Wir haben uns auf ein paar Grundregeln geeignet.
1. Ganz egal, was es ist, wir gehen offen darauf zu und probieren es einmal aus. (Sei es ein neues Rezept, ein neuer Film oder eine neue Arbeit). Einzige Ausnahme, Dinge, die wir beide absolut nicht wollen.
2. Gemeinsame Zeit. Jeden Tag haben wir, auch wenn es manchmal nur dreißig Minuten sind, Zeit füreinander. Da reden wir über den Tag, was wir machen, planen, und alles Mögliche, das einem durch den Kopf schwirrt.
3. Kompromisse. Aber ich glaube, das Teilen habe ich schon angesprochen.
4. Und das Wichtigste: Lachen. Zusammen lachen. Einem zum Lachen bringen. Kein Problem sieht mehr so schrecklich aus, wenn man noch lachen kann.
Bisher klappt es erstaunlich gut und ich kann ehrlich behaupten, dass wir unser Glück gefunden haben. Wenn ich mir vorstelle, dass ich noch weitere siebzig Jahre mit ihm diskutieren, streiten, schreiben und Geschichten entwickeln kann, dann kann ich mir eigentlich nichts Besseres vorstellen. 🙂.